Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich rechtswidrig

Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich rechtswidrig

Seit 2019 gibt es Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich. Jetzt hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden, dass mindestens eine der seitdem erfolgten Personenkontrollen rechtswidrig war. Trotzdem will die Bundesregierung auch weiterhin die Grenzen überwachen, wie im Koalitionsvertrag angekündigt.

Klage gegen Grenzkontrollen vor dem BayVGH

Waren beziehungsweise sind die aktuell noch stattfindenden Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze rechtmäßig? Mit dieser Frage musste sich der BayVGH befassen. Konkret ging es um eine Ausweiskontrolle, die 2022 in einem ICE von Wien nach Frankfurt am Main erfolgte. Kurz nach dem Grenzübertritt bestiegen Polizeibeamte den Zug und überprüften ausnahmslos die Identität aller Fahrgäste – darunter auch die des Klägers.

Zwar kam der Österreicher der Aufforderung der Polizei nach und zeigte seinen Ausweis vor. Später erhob er jedoch Klage vor dem Verwaltungsgericht, weil er sich in seinen Rechten verletzt sah. Die Grenzkontrolle zwischen Deutschland und Österreich hätte seiner Auffassung nach überhaupt nicht stattfinden dürfen, da Unionsbürgerinnen und Unionsbürger wie er sich innerhalb der Europäischen Union (EU) frei und ohne Kontrollen bewegen dürfen.

Hinweis: Freizügigkeit innerhalb der EU
Die EU ist Teil des sogenannten Schengen-Raums. Das ist ein Gebiet in Europa, in dem Personen ohne Grenzkontrollen zwischen den Mitgliedstaaten hin- und herreisen können. Seit seinem Inkrafttreten 1995 sind auch einige Nicht-EU-Staaten dem Schengen-Raum beigetreten, weshalb er sich heutzutage über fast ganz Europa erstreckt.

Grenzkontrolle verstößt gegen europäisches Recht

Der BayVGH entschied zugunsten des Klägers und sah in der Grenzkontrolle einen Verstoß gegen geltendes Europarecht. Die Richterinnen und Richter stützen sich in ihrer Urteilsbegründung auf den Schengener Grenzkodex – eine europäische Verordnung, die den rechtlichen Rahmen für den Schengen-Raum bildet.

Der Kodex selbst erlaubt Grenzkontrollen innerhalb von Schengen, wenn die innere Sicherheit eines Mitgliedstaats gefährdet ist. Von dieser Ausnahme hat Deutschland in den letzten sechs Jahren immer wieder Gebrauch gemacht. Allerdings müssen die Kontrollen laut Grenzkodex zeitlich begrenzt sein: Nach sechs Monaten darf die Überwachung nur fortgeführt werden, wenn eine neue Bedrohungslage vorliegt, entschied bereits der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Genau da lag laut BayVGH das Problem: Seit der Wiederaufnahme von Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich hat die Bundesregierung die Maßnahmen immer wieder mit der gleichen Begründung verlängert. Eine neue, ernsthafte Bedrohungslage, wie sie das Gesetz fordert, habe Deutschland nicht geltend gemacht. Die Ausweiskontrolle war damit rechtswidrig.

Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich bleiben wohl bestehen

Grenzkontrollen und deren Rechtmäßigkeit sind aktuell nicht nur beim BayVGH Thema. Auch die neue Bundesregierung will weiter an einer flächendeckenden Überwachung an den deutschen Außengrenzen festhalten und diese sogar noch weiter ausbauen. Aus Sicht des deutschen Ausländerrechts sei das kein Problem, so der neue Innenminister, Alexander Dobrindt.

Fürs Erste wird also weiterhin an der Grenze kontrolliert. Gut möglich, dass der BayVGH sich bald schon mit der nächsten Klage befassen muss. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

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Über den Autor

Mohamed El-Zaatari
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Mohamed El-Zataari ist Experte fürs Ausländer- und Sozialrecht. Als ehemaliger Dezernatsleiter Rechtsangelegenheiten beim Amt für Versorgung und Integration Bremen ist er seit 2022 Abteilungsleiter der genannten Rechtsgebiete bei rightmart in Bremen. Mitte 2024 wurde er zudem Partner der rightmart Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Sein Wissen behält er dabei nicht für sich: Als Dozent im Sozialrecht profitieren auch die Nachwuchsjuristen und -juristinnen von seinem Know-how.

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