Überstellungshaft: Proberichter darf nicht über Beschwerde entscheiden
Ist ein anderer Staat als Deutschland für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig, dürfen Asylsuchende in Haft genommen werden, um sie an den verantwortlichen Staat überstellen zu können. Gegen so eine Überstellungshaft können Betroffene eine Beschwerde einlegen. Wer diese Art von Haftbeschwerden überprüfen darf, musste der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt klären.
Afghane wehrt sich gegen Überstellungshaft
Sind Richterinnen und Richter auf Probe dazu befugt, über die Haftbeschwerde von Asylsuchenden zu entscheiden? Mit dieser Frage musste sich der BGH vor kurzem befassen. Hintergrund war der Fall eines Afghanen, der gegen die Anordnung seiner Überstellungshaft vorging.
2021 floh der Mann aus seiner Heimat nach Europa und reiste über Rumänien nach Deutschland ein. Nachdem er in der Bundesrepublik angekommen war, stellte er einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte das Ersuchen des Geflüchteten mit der Begründung ab, dass Rumänien als Erstaufnahmestaat nach der Dublin-Verordnung für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig sei. Zusätzlich wurde die Überstellungshaft angeordnet, um den Afghanen sicher nach Rumänien abschieben zu können.
Daraufhin erhob der Mann Beschwerde gegen die Haftanordnung. Normalerweise würde dann eine aus insgesamt 3 Richterinnen und Richtern zusammengesetzte Kammer über die Rechtmäßigkeit der Überstellungshaft entscheiden. Im Fall des Afghanen überwies das eigentlich zuständige Gericht die Sache aber an einen Einzelrichter. Der wiederum wurde kurze Zeit später von einem Proberichter abgelöst, sodass das Verfahren letztendlich bei einem Nachwuchsrichter landete.
Genau dagegen reichte der Betroffene eine zweite Beschwerde ein – dieses Mal vor dem BGH.
Die Dublin-Verordnung ist eine Art europäisches Gesetz, das festlegt, welcher Mitgliedstaat innerhalb der Europäischen Union (EU) für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. In der Regel muss das Land das Asylverfahren durchführen, über den die asylsuchende Person zuerst in die EU eingereist ist.
Entscheidungen durch Proberichter bei Überstellungshaft ausgeschlossen
Die Richterinnen und Richter in Karlsruhe entschieden zugunsten des Afghanen und hoben den Beschluss ihres jüngeren Kollegen wieder auf. Aus Sicht des Gerichtshofes war das Beschwerdegericht zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht ordnungsgemäß besetzt, was einen schweren Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften darstelle.
Zwar sei das Übertragen von Fällen auf einen Einzelrichter nach Maßgabe des § 68 Absatz 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) grundsätzlich erlaubt.
Die eigentlich zuständigen Kammern müssen dabei jedoch beachten, dass sie keine Richterinnen und Richter auf Probe mit der Aufgabe betrauen. Geschieht das doch, gilt das Gericht als nicht ordnungsgemäß besetzt. Dass der Nachwuchsrichter im vorliegenden Fall erst nachträglich eingesprungen ist, spiele dabei keine Rolle, so der BGH.
Ist ein Gericht während seiner Entscheidung nicht ordnungsgemäß besetzt, stellt das einen sogenannten absoluten Revisionsgrund dar. Dadurch wird die Entscheidung automatisch als fehlerhaft angesehen und im Revisionsverfahren wieder aufgehoben.
Rechtmäßigkeit der Überstellungshaft noch offen
Im Ergebnis geht das ganze Verfahren jetzt an das eigentlich zuständige Beschwerdegericht zurück. Der BGH hat hier nur überprüft, ob Verfahrensregeln eingehalten wurden, in der Sache selbst aber kein Urteil gefällt. Ob der Mann, der sich mittlerweile in Rumänien befindet, dadurch aber nach Deutschland zurückkehren darf, muss jetzt ein – dieses Mal vollständig besetztes Gericht – entscheiden.
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