Sturz des Assad-Regimes: Was bedeuten Entwicklungen für Flüchtlinge?
Am Wochenende überschlugen sich in Syrien die Ereignisse. Am Ende hieß es: Das Assad-Regime ist gestürzt, der Präsident Bashar al-Assad habe ein Flugzeug bestiegen und sei auf und davon. Zahlreiche Menschen feiern diese Botschaft. Gleichzeitig ist die Verunsicherung groß – vor allem unter denen, die nach Deutschland geflüchtet sind und sich ein neues Leben aufgebaut haben. Auch wenn es für Rückschlüsse noch zu früh ist: Wir ordnen den Sturz des Assad-Regimes und die Situation für Sie ein.
Rebellen befreien Damaskus
Am Wochenende befreiten die Rebellen der islamistischen Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) die syrische Hauptstadt Damaskus vom Assad-Regime und vertrieben den Präsidenten samt seiner Garde aus der Stadt beziehungsweise dem Land. Medienberichten zufolge hält sich Bashar al-Assad in Moskau auf. Dort sollen seine Familie und er Asyl aus „humanitären Gründen“ erhalten.
Hinweis: Bürgerkrieg gegen Assad-Regime
Der Bürgerkrieg gegen das Assad-Regime entfachte 2011. Friedliche Demonstranten forderten mehr Demokratie. Assad begegnete dem mit Gewalt. Daraus entwickelte sich ein Bürgerkrieg zwischen verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen, auch Russland, der Iran, die Türkei und USA mischten mit. Folter und Hinrichtungen waren an der Tagesordnung. Rund 14 Millionen Menschen wurden aus Syrien vertrieben.
Zahlreiche Bewohner und Bewohnerinnen der Hauptstadt bejubelten die Islamisten, berichteten Augenzeugen. Der Sturz Assads findet dabei auch in Deutschland Zustimmung.
Politik befürwortet Entwicklung
Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bewerten den Sturz des Regimes positiv. Die Unterdrückung des eigenen Volkes habe nun ein Ende, die Menschen in Syrien könnten nach einer Ewigkeit von Gräueltaten wieder aufatmen, äußerten sich Scholz und Baerbock. Was aber folgt, weiß niemand so recht. Und so herrscht unter den in Deutschland lebenden Syrerinnen und Syrern große Unsicherheit.
Rund 974.000 Syrer in Deutschland
Etwa 974.000 Syrerinnen und Syrer leben in Deutschland, ein Großteil von ihnen aus humanitären Gründen. Sie sind also vor dem Krieg geflohen. Der Sturz des Assad-Regimes kann nun Auswirkungen auf ihre Situation in Deutschland haben. Das betrifft insbesondere diejenigen, deren Aufenthaltstitel auf einem Flüchtlingsstatus beruht wie auch subsidiär Schutzberechtigte. Beide Aufenthaltstitel werden grundsätzlich nur über einen bestimmten Zeitraum erteilt und regelmäßig von den Ausländerbehörden überprüft und verlängert.
Hinweis: Vermerk Aufenthaltstitel
Sind Sie sich unsicher, über welchen Aufenthaltstitel Sie verfügen, werfen Sie einen Blick auf Ihren elektronischen Aufenthaltstitel (eAT). Unter Anmerkungen/Remarks finden Sie die Grundlage, auf der Ihr Titel beruht.
Sofern sich die Lage in Syrien stabilisiert und ein gewisses Maß an Sicherheit wieder hergestellt ist, kann das zur Folge haben, dass die genannten Aufenthaltstitel nicht mehr verlängert werden.
Bitte beachten Sie aber: Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, ob, wann und wie sich die Situation für die Menschen in Syrien festigen wird. Ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland bleibt vorerst bestehen. Dabei bietet sich Ihnen gleichzeitig die Chance, Ihr Bleiberecht dauerhaft zu sichern, ohne zeitliche Begrenzung.
BAMF stoppt Bearbeitung von Asylanträgen
Haben Sie erst kürzlich einen Asylantrag in Deutschland gestellt, ist nicht auszuschließen, dass dieser vorerst nicht durch die Ausländerbehörde bearbeitet wird. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat am 9. Dezember mitgeteilt, dass offene Anträge von Syrerinnen und Syrern erst einmal nicht bearbeitet werden. Das betrifft rund 50.000 Anträge. Ebenso unklar ist, welche Auswirkungen die Geschehnisse auf den Nachzug von Familien haben wird.
Der Stopp bei der Bearbeitung von Asylanträgen ist für Sie auch von Bedeutung, sofern Sie geplant haben, aus Syrien nach Deutschland zu kommen. Sie werden bis auf unbestimmte Zeit kein Asyl erhalten.
Chancen nutzen: Das sind Ihre Optionen
Bangen Sie um Ihren Aufenthaltstitel, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, Ihre Zukunft in Deutschland abzusichern. Dafür bieten sich Ihnen unterschiedliche Möglichkeiten:
- Zweckgebundener Aufenthaltstitel: Beantragen Sie beispielsweise eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit. Auch wenn es sich dabei um einen befristeten Titel handelt, entfällt damit die humanitäre Grundlage für Ihren Aufenthalt.
- Niederlassungserlaubnis: Dieser Aufenthaltstitel sichert Ihnen ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland. Sofern Sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, haben Sie Anspruch. Prüfen Sie Ihre Chancen.
- Einbürgerung: Auch ein Anspruch auf Einbürgerung ist nicht auszuschließen. Damit können Sie Ihr Leben in Deutschland als Deutscher oder Deutsche weiterführen. Prüfen Sie, ob Sie alle Voraussetzungen erfüllen. Lassen Sie sich gegebenenfalls anwaltlich beraten.
Wichtig: Einbürgerung und Niederlassungserlaubnis
Eine Niederlassungserlaubnis wie auch die Einbürgerung setzen voraus, dass Sie über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügen. Dabei ist es wichtig, die Bearbeitungszeiten der Behörden zu berücksichtigen. Weil die je nach Umstand Monate, wenn nicht sogar weit mehr über ein Jahr betragen können, ist es wichtig, dass Sie schon jetzt Ihre Zukunft in die Hand nehmen.
Die Sorgen, die aktuell bestehen, beziehen sich in erster Linie auf folgende Umstände:
- Probleme bei der Verlängerung des Aufenthaltstitels – je weiter der Ablauf Ihres Titels in der Zukunft liegt, desto besser ist das für Ihre Situation.
- Widerruf des Aufenthaltstitels – dieses Vorgehen vonseiten der Ausländerbehörde ich äußerst unwahrscheinlich.
Eigeninitiative: Deutschkenntnisse und finanzielle Sicherheit
Möchten Sie über einen langen Zeitraum in Deutschland bleiben, zahlt sich Eigeninitiative aus. Das bedeutet: Lernen Sie Deutsch und versuchen Sie sich bestmöglich in die Gesellschaft zu integrieren. Festigen Sie zudem Ihre wirtschaftliche Lage. Suchen Sie sich einen Job, mit dem Sie für Ihren Lebensunterhalt aufkommen können oder beginnen Sie alternativ eine Berufsausbildung.
Politische Debatten in Deutschland: Das ist wichtig
Fakt ist: Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich in keinster Weise voraussagen, was geschieht. Es ist gut möglich, dass sich die Lage in Syrien schnell beruhigt und die Menschen an Sicherheit und Struktur gewinnen. Ebenso ist es möglich, dass die politische Lage im Land noch chaotischer wird und sich nichts ändert. Die politischen Debatten sind in Deutschland jedoch bereits entfacht – die ersten Gerüchte werden nicht lange auf sich warten lassen.
Die ersten Parteien bringen sich bereits in Stellung und wollen die Situation für die anstehende Bundestagswahl nutzen. Seien Sie darauf gefasst: Schlagzeilen über vereinfachte Abschiebungen sind in dem Zusammenhang wahrscheinlich. Wir bleiben an den aktuellen Entwicklungen dran und informieren Sie, sobald bedeutende Veränderungen für Sie als Syrer oder Syrerin anstehen.
Der schnellste Weg zum deutschen Pass
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- Unkomplizierte Abläufe
- Persönliche Betreuung
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