Unbefristete Abschiebehaft: Die verfassungswidrigen Pläne Dobrindts

Unbefristete Abschiebehaft: Die verfassungswidrigen Pläne Dobrindts

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt will entscheidender gegen ausreisepflichtige Migranten vorgehen. Sein neuester Vorschlag: Unbefristete Abschiebehaft für Straftäter und sogenannte „Gefährder“, deren Asylanträge abgelehnt wurden. Wir verraten Ihnen, warum dieses Vorhaben gegen das Grundgesetz verstößt und ob es überhaupt umgesetzt werden kann.

Dobrindt fordert unbefristete Abschiebehaft

Anfang dieses Jahres kündigten die Regierungsparteien SPD und CDU/CSU in ihrem Koalitionsvertrag deutliche Verschärfungen in der Migrations- und Asylpolitik an. Unter anderem sollen die Möglichkeiten einer Abschiebehaft für ausreisepflichtige Personen ausgeweitet werden. Um dieses Vorhaben umzusetzen, hat sich Bundesinnenminister Alexander Dobrindt jetzt für eine sehr kontroverse Maßnahme ausgesprochen: Abgelehnte Asylbewerber sollen in eine unbefristete Abschiebehaft kommen – vorausgesetzt, sie sind straffällig geworden.

Anlass für die Forderung war ein Migrationsgipfel Anfang Oktober. Dort hat Dobrindt gemeinsam mit einigen anderen Innenministern aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) über die Zukunft des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gesprochen. Diskutiert wurde unter anderem über einen Vorschlag der Kommission – das ist vereinfacht gesagt die Regierung der EU – die europäischen Regelungen zur maximal zulässigen Dauer der Abschiebehaft zu überarbeiten.

Aktuell ist die Inhaftierung von Menschen ohne Aufenthaltstitel innerhalb der gesamten Union auf 24 Monate begrenzt. Die Kommission arbeitet momentan aber an einer Verordnung, die die Verlängerung der Abschiebehaft auf mehr als 2 Jahre ermöglicht und sie in Ausnahmefällen sogar ganz entfristet. Genau das will der Bundesinnenminister mit seinem Vorschlag auch in Deutschland umsetzen.

Hinweis: Das Gemeinsame Europäische Asylsystem
Das GEAS ist ein Regelwerk der EU, das festlegt, wie Asylverfahren in allen Mitgliedsstaaten ablaufen müssen. Ziel ist es, die Asyl- und Migrationspolitik in der Union zu vereinheitlichen und dadurch die Zuwanderung nach Europa (besser) steuern zu können.

Rechtliche Bedenken gegen unbefristete Abschiebehaft

Trotz Rückendeckung aus Brüssel stößt Dobrindts Idee einer Haftungsverschärfung auf reichlich Kritik – unter anderem auch beim eigenen Koalitionspartner. So bezeichnete beispielsweise Hamburgs Innensenator Andy Grote von der SPD den Vorschlag als „zweifellos verfassungswidrig“.

Der Einwand des Landespolitikers ist alles andere als unberechtigt. Denn die Forderung aus dem Innenministerium vermischt zwei verschiedene Arten von Inhaftierungen miteinander:

  • die Abschiebehaft und
  • die Strafhaft.

Während die Abschiebehaft nur dazu dient, die Ausreisepflicht auch tatsächlich durchzusetzen, werden Sie in einer Strafhaft dafür sanktioniert, dass Sie gegen das Gesetz verstoßen haben. Diese Unterscheidung ist wichtig und bestimmt letztendlich auch die Voraussetzungen, unter denen eine Inhaftierung überhaupt rechtmäßig ist.

Ein Freiheitsentzug ohne strafrechtlichen Hintergrund darf nach dem Grundgesetz nämlich nur so lange dauern, wie die Abschiebung im Gange und ihre Durchführung noch realistisch ist. Die zeitliche Entfristung würde aber bedeuten, dass betroffene Ausreisepflichtige theoretisch lebenslang hinter Gitter müssten. Das ist selbst bei einer Strafhaft nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt.

Eine flächendeckende, unbefristete Abschiebehaft, wie Dobrindt sie plant, verstößt daher klar gegen das Grundgesetz und die freiheitliche demokratische Grundordnung.

Reform der Abschiebehaft schwer durchsetzbar

Dass der Bundesinnenminister mit seinem Vorhaben tatsächlich durchkommen wird, ist äußerst zweifelhaft. In der Vergangenheit hat der Unionspolitiker immer wieder Niederlagen vor Gericht hinnehmen müssen, wenn sein politisches Handeln nicht mit geltendem Recht vereinbar war. So dürfte es auch dieses Mal kommen.

Über den Autor

Mohamed El-Zaatari
Mohamed El-Zaatari LinkedIn

Mohamed El-Zaatari ist Experte fürs Ausländer- und Sozialrecht. Als ehemaliger Dezernatsleiter Rechtsangelegenheiten beim Amt für Versorgung und Integration Bremen ist er seit 2022 Abteilungsleiter der genannten Rechtsgebiete bei rightmart in Bremen. Mitte 2024 wurde er zudem Partner der rightmart Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Sein Wissen behält er dabei nicht für sich: Als Dozent im Sozialrecht profitieren auch die Nachwuchsjuristen und -juristinnen von seinem Know-how.

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