Attest für Einbürgerung: Behörde will Nachweis über Beschneidung

Attest für Einbürgerung: Behörde will Nachweis über Beschneidung

Sprachzertifikate, Einbürgerungstests, Einkommensnachweise – Ausländerinnen und Ausländer, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben wollen, müssen den Behörden viele Dokumente vorlegen. Ein aktueller Fall aus Hamburg wirft aber die Frage auf, wann der Staat ein medizinisches Attest für die Einbürgerung verlangen darf: Dort soll eine Somalierin trotz eindeutiger Aktenlage nachweisen, dass sie nicht beschnitten ist.

Somalierin benötigt ärztliches Attest für ihre Einbürgerung

Es ist ein Fall, der für Verunsicherung und Frustration sorgt: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verweigert einer 25-jährige Somalierin wegen eines fehlenden Attests den deutschen Pass. Dabei erfüllt die Frau auf den ersten Blick alle Voraussetzungen für eine Einbürgerung:

  • Sie ist berufstätig und verdient mehr als das erforderliche Mindesteinkommen,
  • verfügt über einen gültigen Aufenthaltstitel,
  • hat mehrere Sprachkurse besucht und
  • ihren Schulabschluss hierzulande nachgeholt.

Trotzdem verlangt das BAMF nun eine ärztliche Bescheinigung darüber, dass die Somalierin nicht beschnitten ist. Dabei weiß die Behörde schon seit 2018 von mehreren Beschneidungen, die die Geflüchtete in Somalia über sich ergehen lassen musste.

Auch über eine Wiederherstellungsoperation, der sich die Antragstellerin unterzogen hat, um die Folgen des früheren Eingriffs teilweise rückgängig zu machen, ist das BAMF eigentlich informiert. Dennoch besteht das Bundesamt auf ein ärztliches Gutachten, welches das Gegenteil beweist.

Beschneidung von Frauen als anerkannter Fluchtgrund

Der eher ungewöhnliche Nachweis könnte in der Theorie tatsächlich für das Einbürgerungsverfahren der 25-Jährigen relevant sein: Die Beschneidung von Frauen ist eine sogenannte Genitalverstümmelung, welche in Deutschland unter Strafe steht und auch international als schwerwiegender Verstoß gegen Menschenrechte angesehen wird.

Deshalb erhalten Frauen, denen eine Beschneidung in ihrem Heimatland droht, als anerkannte Flüchtlinge Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Flüchtlingseigenschaft wiederum gewährt ihnen in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis. Betroffene müssen hierfür jedoch glaubhaft darlegen, dass die Gefahr einer Genitalverstümmelung für sie sehr hoch ist.

Hinweis: Genfer Flüchtlingskonvention
Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist ein internationaler Vertrag, der die Rechte von geflüchteten Personen regelt. Fast alle Staaten der Welt – darunter auch Deutschland – haben den Vertrag unterzeichnet. Nach der GFK anerkannte Flüchtlinge erhalten in der Bundesrepublik ein Aufenthaltsrecht.

Notwendigkeit vom Attest für die Einbürgerung zweifelhaft

Um das Risiko einer Beschneidung bewerten zu können, fordert das BAMF nun den umstrittenen Nachweis von der Somalierin. Ob das angesichts der Aktenlage jedoch rechtmäßig ist, ist zweifelhaft. Denn: Die Behörde weiß sowohl von den bereits erfolgten Verstümmelungen als auch von der Wiederherstellungsoperation, die die Frau zur erneuten Zielscheibe von Gewalt macht.

In solch einem Fall ist es ratsam, sich professionelle Hilfe von einem Anwalt oder einer Anwältin für Ausländerrecht zu holen. Er oder sie prüft, ob Sie einen Anspruch auf Einbürgerung haben und setzt diesen für Sie durch!

Über den Autor

Mohamed El-Zaatari
Mohamed El-Zaatari LinkedIn

Mohamed El-Zataari ist Experte fürs Ausländer- und Sozialrecht. Als ehemaliger Dezernatsleiter Rechtsangelegenheiten beim Amt für Versorgung und Integration Bremen ist er seit 2022 Abteilungsleiter der genannten Rechtsgebiete bei rightmart in Bremen. Mitte 2024 wurde er zudem Partner der rightmart Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Sein Wissen behält er dabei nicht für sich: Als Dozent im Sozialrecht profitieren auch die Nachwuchsjuristen und -juristinnen von seinem Know-how.

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