Einbürgerung trotz Bürgergeld: Ehepaar zieht für Pass vor Gericht

Einbürgerung trotz Bürgergeld: Ehepaar zieht für Pass vor Gericht

Eine wesentliche Voraussetzung für die Einbürgerung ist ein gesicherter Lebensunterhalt: Sie müssen genug verdienen, um Ihren Alltag ohne staatliche Hilfe finanziell bewältigen zu können. Ausnahmeregelungen für kranke oder behinderte Menschen gibt es dabei nicht. Trotzdem versucht nun ein Ehepaar aus Palästina, das auf Bürgergeld angewiesen ist, seinen Einbürgerungsantrag mit Hilfe einer Klage durchzubekommen. Wir fassen den Fall für Sie zusammen und schauen auf die Erfolgschancen der Klage.

Eigenes Einkommen ist Voraussetzung für eine Einbürgerung

Das Einkommen spielt bei den Erfolgschancen einer Einbürgerung eine entscheidende Rolle. In der Regel gibt die Behörde Ihrem Antrag nur dann statt, wenn Sie auf Dauer genug Geld haben, um Ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können. Deshalb stellt der Bezug von Sozialleistungen ein Hindernis für den Erhalt der deutschen Staatsangehörigkeit dar.

Achtung: Nicht jeder Bezug von staatlichen Leistungen schadet!
Es ist wichtig, zwischen Sozialleistungen wie Bürgergeld und sonstigen staatlichen Leistungen (zum Beispiel Kinder- oder Wohngeld) zu unterscheiden. Letztere darf die Behörde bei der Prüfung Ihrer Einbürgerungsvoraussetzungen nicht berücksichtigen! Mehr Informationen erhalten Sie in unserem Ratgeber “Einbürgerung Mindesteinkommen”.

Ehepaar will Einbürgerung trotz Bürgergeld

Die aktuelle Gesetzeslage lässt Bürgergeld-Beziehende bei der Einbürgerung also außen vor. Dagegen will jetzt ein Ehepaar aus Palästina klagen. Der Mann und die Frau kamen 2015 zusammen nach Deutschland, integrierten sich schnell, lernten Deutsch, fanden schnell einen Job und engagierten sich sozial in ihrer Gemeinde. Dann erkrankten beide jedoch plötzlich, verloren ihre Arbeit und rutschten in den Bürgergeld-Bezug.

Trotzdem versuchte das Ehepaar, das sich mittlerweile im Rentenalter befindet, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen – erfolglos. Die zuständige Behörde verweigerte die Einbürgerung, weil sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsteller Sozialleistungen bezogen. Vor Gericht will das Paar nun eine Ausnahme für sich erstreiten.

Ermessenseinbürgerung als Notanker

Da die Klägerin und der Kläger nach der aktuellen Gesetzeslage keinen Anspruch auf eine Einbürgerung haben, versuchen sie es jetzt mit einer sogenannten Ermessenseinbürgerung. Das ist ein besonderes Einbürgerungsverfahren, das weniger strenge Anforderungen und einige Erleichterungen für Ausländerinnen und Ausländer beinhaltet, im Gegenzug aber der Behörde einen weiten Gestaltungsspielraum einräumt. In anderen Worten: Die Behörde kann selber entscheiden, ob sie die beiden einbürgern will oder nicht.

Dieser Entscheidungsspielraum kann je nach Einzelfall jedoch stark eingeschränkt werden. Vor Gericht will das Ehepaar daher mit seiner sehr ausweglosen Situation argumentieren. Die Behörde müsse in ihrem Fall ein Auge zudrücken, weil die beiden:

  • krank sind und bereits die Feststellung ihrer Behinderung beantragt haben,
  • dadurch unverschuldet Bürgergeld beziehen müssen,
  • momentan gar keine Staatsangehörigkeit besitzen und
  • bis auf die Sicherung ihres Lebensunterhalts alle Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen.

Trotz Ermessen sei die Ausländerbehörde weiterhin an das Diskriminierungsverbot und den Gleichheitssatz gebunden. Der Klägerin und dem Kläger aber nur aufgrund ihrer Erwerbsunfähigkeit den deutschen Pass vorzuenthalten, sei ein Musterbeispiel für Diskriminierung. In ihrem speziellen Fall müsse der Staat daher eine Ausnahme machen und sie auch ohne gesicherten Lebensunterhalt einbürgern, so das Ehepaar.

Ausnahmeregelung soll Einbürgerung trotz Bürgergeld ermöglichen

Über die Klage wird das Verwaltungsgericht (VG) Cottbus entscheiden. Ob diese Argumentation die Richterinnen und Richter dort überzeugen wird, wird sich zeigen müssen.

Unabhängig davon kommt auch auf politischer Ebene Bewegung in die Sache: Momentan berät die Bundesregierung über eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Unter anderem steht die Idee im Raum, eine Ausnahmeregelung für kranke und behinderte Menschen wieder aufzunehmen. So eine Sondervorschrift gab es schon mal, wurde jedoch bei der letzten Überarbeitung des Staatsangehörigkeitsgesetzes gestrichen.

Gut möglich also, dass der Rückgriff auf die Ermessenseinbürgerung für Einbürgerungswillige wie das Ehepaar in Zukunft nicht mehr notwendig sein wird.

Über den Autor

Mohamed El-Zaatari
Mohamed El-Zaatari LinkedIn

Mohamed El-Zataari ist Experte fürs Ausländer- und Sozialrecht. Als ehemaliger Dezernatsleiter Rechtsangelegenheiten beim Amt für Versorgung und Integration Bremen ist er seit 2022 Abteilungsleiter der genannten Rechtsgebiete bei rightmart in Bremen. Mitte 2024 wurde er zudem Partner der rightmart Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Sein Wissen behält er dabei nicht für sich: Als Dozent im Sozialrecht profitieren auch die Nachwuchsjuristen und -juristinnen von seinem Know-how.

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